Was ist Verhaltenstherapie?
In der (Kognitiven) Verhaltenstherapie gehen wir davon aus, dass jedes Verhalten irgendwann im Laufe des Lebens gelernt wurde. Diese Lernprozesse können vielfältige Ursachen haben. Ihre Eltern könnten Ihnen beispielsweise vorgelebt haben, sich ausschließlich um andere zu kümmern, nicht aber um Ihre eigenen Bedürfnisse. Ihre Klassenkamerad*innen könnten Sie über Jahre mit Worten und/oder Taten gedemütigt haben. Oder Sie könnten selbst irgendwann erkannt haben, dass es z.B. kurzfristig erleichternd ist, andere Menschen zu meiden, wenn Sie unter Angst vor Ablehnung leiden.
Alle Menschen streben an, sich unmittelbar wohl zu fühlen und unangenehme Erlebnisse zu vermeiden. Es ist also normal, dass jede*r von uns vielerlei Strategien erlernt hat, kurzfristig Unwohlsein (Angst, Traurigkeit, etc.) zu vermeiden.
Problematisch wird es erst, wenn solche vermeidenden Verhaltensweisen ein Ausmaß annehmen, unter dem Sie langfristig leiden (z.B., weil Sie sich vom ständigen sozialen Rückzug einsam fühlen, nicht wie geplant Ihren Interessen nachgehen können oder sich durch das übermäßige Kümmern um andere bis zur Erschöpfung verausgaben).
Umgedreht steckt in Lernprozessen auch ein ungeheures Potenzial für positive Entwicklung: Sie haben im Laufe Ihres Lebens z.B. gelernt, zu sprechen, erfüllenden Hobbys nachzugehen, gute Beziehungen zu führen, Schwierigkeiten zu meistern, usw.
Die kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Menschen in jedem Lebensalter grundsätzlich in der Lage sind, etwas Neues, Positiveres zu lernen. Und genau hier setzt unser Therapieverfahren an:
- Wir schauen zunächst gemeinsam mit Ihnen, wie Ihre Schwierigkeiten entstanden sein könnten. Anschließend leiten wir ein individuelles Modell ab, das erklärt, warum Ihre Schwierigkeiten trotz Ihrer besten Bemühungen fortbestehen.
- Anhand dieses Modells formulieren Sie konkrete, verhaltensbasierte Therapieziele, die Sie erreichen möchten.
- Schwerpunkt der Therapie ist das Erlernen und Ausprobieren neuer Dinge. Ihr*e Verhaltenstherapeut*in wird Sie zunächst ermutigen, verschiedene Aspekte Ihres Lebens näher zu betrachten: Die Art und Weise, wie Sie Ihre Beziehungen gestalten, wie Sie mit Gedanken und Gefühlen umgehen oder wie Sie sich in bestimmten Situationen verhalten. Der/die Therapeut*in wird Ihnen auf dieser Grundlage helfen, neue, für Sie nachvollziehbare Strategien und Verhaltensweisen auszuprobieren, die Ihnen helfen sollen, Ihre Ziele zu erreichen. Das kann auch bedeuten, gemeinsam mit der /dem Psychotherapeut*in angstbesetzte Alltagssituationen außerhalb der Praxis aufzusuchen, um zu erleben, was kurz- und langfristig Positives passiert, wenn die gewohnte Vermeidung aufgegeben wird. Meist wird aber im Therapiezimmer gearbeitet.
- Durch die Therapie sollen Sie in die Lage versetzt werden, alle vermittelten Strategien selbstständig anzuwenden. Für diesen Zweck werden Sie regelmäßig Übungen zum Ausprobieren in Ihrem Alltag mit Ihrer/Ihrem Psychotherapeut*in vereinbaren, so dass Sie Ihre therapeutische Begleitung nach einiger Zeit gar nicht mehr brauchen.
Bei einer Verhaltenstherapie sitzen Sie der/dem Psychotherapeut*in gegenüber. Die Anzahl und die Frequenz der Therapiesitzungen werden je nach Art der Störung zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in vereinbart. In der Regel findet eine 50-minütige Sitzung pro Woche statt. Die Behandlung dauert meist ein halbes bis ein Jahr, gegebenenfalls auch länger. Eine Kurzzeittherapie umfasst max. 24 Sitzungen, eine Langzeittherapie bis zu 60, max. 80 Sitzungen.